Wir leben in einer digitalisierten Welt. Auch wenn Deutschland hier in vielen Punkten weit hinter her hinkt, konsumieren auch hier heute sehr viele, meist junge, Menschen Content auf digitalen Plattformen wie YouTube. Die Videoplattform hat eine neue Generation Stars hervorgebracht die Millionen Fans gewonnen haben. Dabei war es nur eine Frage der Zeit bis der nächste Schritt getan wird. Virtuelle YouTuber die mit Avataren ebenfalls wahnsinnig viele Menschen erreichen. Man nennt das Vtube bzw. Vtuber.
Titelbild Quelle: https://www.youtube.com/channel/UCbFwe3COkDrbNsbMyGNCsDg
Die Anfänge
Sämtliche Musikacts veröffentlichen ihre aktuellen Videos bei YouTube und sammeln dabei viele Millionen Klicks. In Japan geht man auch bei der Musik bereits ein gutes Stück weiter. Mit Hatsune Miku gibt es dort einen absoluten Superstar. Dabei gibt es Hatsune Miku eigentlich gar nicht wirklich. Sie ist eine virtuelle Figur und schaffte es über diverse Videoplattformen sogar auf die echte Bühne, als Hologramm. Was für uns in Deutschland nach Science Fiction a la Star Wars klingt begeistert dort tausende Menschen und füllt große Hallen.
Was sind Vtuber überhaupt?
Ein virtueller Popstar auf einer Bühne ist in den 2000ern noch extrem aufwendig gewesen. Deshalb gab es solche Auftritte und auch die genannten YouTube Videos nur mit extrem viel Leistung in ansprechender Qualität. Die fortschreitende Technik sorgt jetzt für den nächsten Schritt. Vtuber erobern in Japan YouTube und andere Plattformen. Diese greifen das Hatsune Miku Konzept auf und erstellen damit klassischen Videocontent mit einem virtuellen Avatar oder sogar richtige Livestreams.
Wie funktioniert das?
Dafür braucht man im Jahr 2020 im wesentlichen nur eine spezielle Software und einen relativ leistungsstarken PC. Wobei selbst das nicht mehr Pflicht ist, denn es entstehen bereits erste Smartphone Apps. Neuere IPhones unterstützen von Haus aus die Animoji Technologie, weshalb es gar nicht so schwer ist mittels Apps das Konzept zu erweitern. So kann nahezu jeder zum Magical Girl werden. Letztendlich benötig der Avatar in Kombination eines laufenden Streams in Echtzeit trotzdem noch einige an Rechenleistung.
Ich konnte mir aus dem deutschen App Store die App VTube Studio herunterladen, die zwar nicht erlaubt einen eigenen Avatar zu kreieren, aber einen ordentlichen Eindruck von der Technik vermittelt. Dafür könnt ihr theoretisch in anderen Tools einen Avatar erstellen (lassen) und ihn in VTube Studio hochladen. Wenn ihr schon immer Mal ein Anime Girl sein wollet ist das eure Chance! Das klappt sogar erstaunlich gut mit meinem IPhone 11 Pro, ist letztendlich aber nur eine nette Spielerei. Dafür ist die App n der Grundversion kostenlos. Wenn ihr das passende Gegenstück auf eurem PC oder Mac installiert könnt ihr aber den Avatar übertragen und in euren eigenen Livestream einbinden. Bisher unterstützen aber nur IPhones den vollen Funktionsumfang. Android Smartphones können die Blickrichtung der Augen und das Blinzeln nicht tracken!
In Japan steht sowohl für iOS als auch Android die App REALITY-Avatar Live Streaming zur Verfügung die neben Avatar-Erstellung auch Live Streams direkt aus der App ermöglicht. Aber auch als Plattform um Vtuber zu verfolgen und auch zu unterstützen eignet sich REALITY-Avatar. Dabei zeigt sich, dass dort schon eine komplette Vtube Infrastruktur besteht die funktioniert.
Wer steckt dahinter?
Was uns direkt zu einem interessanten Punkt führt. Denn Fans können ihrem Lieblings-Vtuber „Geschenke“ im Wert von bis zu 100€ schicken. Hier wird von Anfang an für optimale Monetarisierung gesorgt. Versteht mich nicht falsch, wer guten Content abliefert soll daran auch verdienen. Da diese Geschenke rein optional sind wird hier auch niemand gezwungen. Trotzdem sind in den aufgezeichneten YouTube Stream der größeren Vtuberinnen ständig kleine und durchaus größere Geldbeträge zu sehen die „gespendet“ werden. Die größten Channels nehmen dabei Millionen ein.
hololive Productions
Der Markt der Vtuber wird in bester Idol Manier aber vor allem von großen Agenturen dominiert. Zum Beispiel hololive Productions. Hier werden meist junge Frauen gecastet und bekommen ihren eigenen auf sie zugeschnittenen Avatar mit dem sie dann Streamen. Dahinter steckt die Cover Corp, die sich selbst Virtual Entertainment Company nennt.
Zeit einen Blick auf die Mädels zu werfen die hier als Vtuber arbeiten. In der Übersicht der Talents lächeln euch direkt jede Menge Avatare im klassischen Anime-Look an. Sucht euch einfach mal den für euch sympathischsten Avatar aus und klickt auf sein Bild. So gelangt ihr dann auf dessen YouTube Seite. Meist liegen diese Abonenntenzahlen im respektablen 6-stelligen Bereich.
Klickt euch dann gern Mal durch ein Paar Videos um einen Eindruck von der ganzen Technik zu bekommen. ich verlinke euch mal ein Minecraft Lets Play der englisch sprachigen Vtuberin Gawr Gura. Sie hat aktuell 1,78 Mio. Abonnenten und ist somit bereits die zweiterfolgreichste Vtuberin der Welt. Was natürlich auch an der wesentlich größeren weltweiten Zielgruppe liegen dürfte.
Wenn ihr euch ein Bild von den virtuellen YouTuberinnen gemacht habt, werdet ihr feststellen, dass die zugrunde liegende Technik gar nicht so spektakulär wirkt. Die Mimik der von hololive eingesetzten Avatare ist regelrecht primitiv und das Tracking bezieht sich nur auf den Kopf. Hände und Arme werden gar nicht erfasst. So kommen zwar grundsätzliche Emotionen rüber, aber die oben genannte Gratis App VTube Studio funktioniert auf meinem relativ neuen IPhone auch nicht schlechter.
Activ8
Die aktuell größte Vtuberin ist Kizuna AI mit aktuell insgesamt etwa 4 Millionen Abonnenten die sich auf zwei Channels aufteilen. Sie besitzt einen allgemeinen Channel auf dem unter anderem Musikvideos erscheinen und einen Gaming Channel. Ihr beliebtestes Video ist ein Musikvideo mit 14 Millionen Aufrufen. Auch ihre Lets Plays erfreuen sich größter Beliebtheit mit Klicks ebenfalls im Millionen Bereich.
Sie ist technisch schon eine ganz andere Hausnummer. Die Qualität des Avatars ist generell höher und Mimik und Emotionen kommen deutlich menschlicher rüber. Das ermöglicht viele unterschiedliche hochwertige Formate und wirkt eben so lebendig, dass man eher das Gefühl hat einen Anime zu schauen. Bei ihr ist je nach Video auch der komplette Körper animiert und getrackt. Hinter Kizuna AI steht die Technik des Startup Activ8 und die dazugehörige Agentur Upd8.
Dabei kommen mittlerweile in Japan auch große Kooperationen zustande wie zwischen der Kizuna AI und dem großen japanischen Getränkekonzern Suntori. Aber warum sind Vtuber so attraktiv für Firmen? Das ist relativ einfach zu beantworten. Da sie virtuell existiert kann sie jederzeit an aktuelle Trends angepasst werden und sorgt auch nicht für Skandale. Denn hinter der Figur kann ja irgendwer stecken. Stimme und Videoinhalt müssen ja nicht Mal von der selben Person stammen. Heute soll Minecraft gespielt werden, kein Problem. Morgen dann ein Quiz zum Thema Anime, kein Problem. Alle Anforderungen können ohne dass es den Zuschauern auffällt abgedeckt werden.
Wie sieht es in Deutschland aus?
Wir Deutschen tun uns mit einem solchen Trend natürlich gewohnt schwer. Das liegt sicher auch an der relativ überschaubaren Community für Anime und Manga. Diese wächst aber doch beständig, was uns hier einige sehr große Conventions beschert und dafür sorgt, dass viele Anime Serien im deutschen TV und bei den großen Streaming Plattformen landen. Es gibt zwar eine erste Agentur für deutsche VTuber, diese hat aber bisher wenig vorzeigbares zu bieten. Sie nennt sich VRIDOL und stellt auf ihrer Webseite bisher nur Karen als eigene VTuberin vor. Ich konnte auf YouTube aber keinen Channel oder Videos von ihr finden. Aktuell laufen aber Auditions um neue Talente aus dem deutschsprachigen Raum zu finden.
Mein Fazit zu Vtube
Hier braut sich ganz schön was zusammen. Wenn ihr das Ganze Thema jetzt noch (oder gerade aufgrund des Artikels) befremdlich findet, möchte ich euch an dieser Stelle einige Vorteile nennen. Es traut sich nicht jeder vor eine Kamera. Ein solcher virtueller Avatar kann die Hemmschwelle senken eigenen Content in die Welt zu bringen. Viele talentierte Künstler sind einfach zu schüchtern um sich selbst zu zeigen. Dazu kommt, dass man so regelmäßig und einfach in verschiedene Rollen schlüpfen kann.
Dabei überwiegen die Vorteile den größten Nachteil dieser Virtualität. Denn ein virtueller Avatar ist immer wie eine Mauer zwischen Zuschauer und dem Content Creator. Wenn das nicht extra so gewollt ist. Dazu kommt die Gefahr, dass Agenturen hier virtuelle Hüllen aufbauen die nach belieben von immer wieder neuen Schauspielerinnen und Schauspielern übernommen werden. So macht man dem Zuschauer ein Stück weit etwas vor und nimmt dem Charakter seine „Seele“.
Ich persönlich finde den Trend trotzdem sehr spannend und vor allem beeindruckend wie gut die Technik selbst auf einem Oberklasse Smartphone funktioniert. Dabei sind wir mit den Avataren noch ganz am Anfang. Richtig spannend wird das Ganze im Zusammenspiel mit Virtual Reality. Ich werde die Szene auf jeden Fall weiter beobachten und diesen Artikel immer mal für euch erweitern.
Wie seht ihr das alles? Könntet ihr euch vorstellen Vtuber regelmäßig zu schauen und zu unterstützen? Oder würdet ihr selbst gern mal einen eigenen Avatar kreieren und damit als virtuelle YouTuber auftreten? Schreibt gerne einen Kommentar!
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