Grind – was ist das überhaupt?
Den meisten von euch stellen sich wahrscheinlich reflexartig die Nackenhaare auf, wenn sie den Begriff Grind schon hören. Ich werde euch in diesem Artikel zeigen, warum das verpönte grinden, je nach Perspektive und Geschmack, gar nicht so übel sein muss.
Aber fangen wir doch erstmal damit an was dieser Grind überhaupt ist. Ich habe versucht mir eine sinnvolle Definition herzuleiten, so richtig ist mir das aber nicht gelungen. Auch Google spuckte nichts eindeutiges aus. Dafür gab es als Erklärung relativ oft Beispiele die exemplarisch zeigen was das ist.
Deshalb möchte ich an dieser Stelle auch ein einfaches Beispiel nennen. Ganz klassisches Grinden ist in einem Videospiel immer wieder die selben Gegner zu besiegen um stärker zu werden oder Ressourcen zu sammeln. Meistens stellen diese Gegner (irgendwann) keine Herausforderung mehr dar.
Vor etlichen Jahren spielte ich immer mal wieder das sehr frühe Free to Play MMO Flyff. Dort gab es nach jedem Levelaufstieg ein Quest was etwa 25% Erfahrung brachte. Die restlichen 75% musste man sich erarbeiten in dem man stundenlang die Gegner verprügelte die für das jeweilige Level gedacht waren. Das ist Grind in Reinform.
Gerade im Genre der Online Rollenspiele ist grinden oft Teil des Spielkonzepts. Im asiatischen Raum ist das Konzept sogar richtig beliebt. Das mag auch ein Stück weit an der Mentalität liegen, denn harte Arbeit hat dort einen hohen Stellenwert. Von daher ist es nicht so abwegig das auf das Gaming zu übertragen. Auch dort ist es harte Arbeit, wie im Beispiel oben gezeigt, tausende Gegner platt zu machen um ein Quest abzuschließen, was wiederrum eine tolle Belohnung bringt.
Entspannung dank Grind
Aber macht das auch Spaß? Spielt man denn nicht gerade um der Arbeit im Alltag ein wenig zu entfliehen? Zugegeben seid ich einen verantwortungsvollen Job habe der mich mindestens 8 Stunden am Tag beschäftigt hat sich meine Begeisterung fürs Grinden auch etwas gelegt. Trotzdem kann das noch etwas Entspannendes haben.
Auch diesen Effekt der Entspannung zeige ich euch anhand von ein Paar Beispielen.
Aion
Zum Online Rollenspiel Aion habe ich euch bereits einen recht lang ausgefallenen Text geschrieben. Dort habe ich versucht die Faszination dieses in vielen Belangen typischen Asia-MMOs näher zu bringen. Ein nicht unbedeutender Teil des Spielkonzepts bestand aus Grinden. Zwar wurde das Spiel damals für den westlichen Markt dahingehend ordentlich entschärft, aber seine Wurzeln waren noch da.
Hier geht es zum Aion Artikel: Retrospektive – Aion
Aion war eins der letzten MMORPGs die einen recht klaren Fokus auf das Zusammenspiel zwischen den Spielern setzte. Instanzen, viele Quests und große Teile des PVP konnte man nur in einer Gruppe erledigen. Dementsprechend eng war man mit der eigenen Fraktion vernetzt. Es war völlig normal per Voice Chat mit den Gildenkollegen zu sprechen. Jeder von euch der regelmäßig spielt weiß, je mehr man sich auf das Spiel konzentrieren muss desto schwerer fällt es ein ordentliches Gespräch nebenbei zu führen.
Deshalb fand ich es immer sehr angenehm wenn gerade keine anspruchsvolle Aktivität anstand zu Grinden und dabei mich mit verschiedenen Menschen über Gott und die Welt zu unterhalten. Das Verhältnis stimmte einfach. Es war eine Pause vom durchaus anstrengenden Teil des Spiels, aber brachte trotzdem quasi nebenbei Fortschritt mit sich. Da ich mich gar nicht auf das endlose verprügeln der Monster konzentrierte wurde es auch einfach nicht langweilig. Es hatte eben eher etwas entspannendes.
Minecraft
Auch Minecraft als riesiger Sandbox Baukasten enthält je nach Spielmodus eine große Grind Komponente. Wer nicht im Kreativmodus spielt muss dafür sorgen, dass er die Materialien für seine Bauwerke irgendwo auf der Spielwelt besorgt. Für eine kleine Hütte ist der Aufwand noch gering. Aber sind wir ehrlich, irgendwann fangen wir alle eine oder direkt mehrere Großbaustellen an.
Dann zieht man los und sammelt auch mal über Stunden Materialien. Das Ganze ist natürlich mit dem Entdecken der Welt verbunden, aber am Ende grindet ihr euch durch große Höhlensysteme. Die Belohnung ist euer stetig wachsendes Projekt, was dann irgendwann hoffentlich in seiner vollen Pracht erstrahlt. Auch hier empfinde ich mit schöner Musik die ich nebenbei laufen lasse eher Entspannung als Arbeit.
Weitere Fassetten des Grinds
Es ist aber nicht mit Entspannung oder starren sich unendlich wiederholenden Tätigkeiten getan. Die Grenze zu ziehen wo Grind anfängt oder aufhört ist wirklich nicht leicht. Denn eine gewisse Dynamik lässt und das System dahinter schnell vergessen.
Guild Wars
Ein weiteres Online Rollenspiel über das ihr hier schon ausführlich lesen durftet ist Guild Wars. Hier kommt ihr zwar nahezu ohne Grind durch das komplette Spiel, da der PVE Modus sehr linear und Storylastig ist, aber es gibt ihn.
Hier geht es zum Guild Wars Artikel: Retrospektive – Guild Wars
In klassischer Form im PVE zum Beispiel um Materialien für die teuersten Rüstungen zu sammeln. Dabei haben diese nicht einmal einen spielerischen Vorteil. Allein der Drang eine besonders schöne oder eben exklusive Rüstung zu besitzen ließ Spieler hier monatelang immer wieder das selbe tun.
Etwas anders verhält es sich dabei im PVP. Dort gibt es in einem Modus Ruhmespunkte für gewonnene Matches. Je mehr Kämpfe hintereinander gewonnen werden, desto mehr Ruhm gibt der aktuelle Sieg bis zu einem Limit. Wer dann eine gewisse Anzahl an Ruhm gesammelt hat steigt im Rang auf. Alle drei Ränge gibt es ein neues Emote um diesen Rang zu zeigen.
Zwar sind die Punkte nicht der einzige Grund diesen Modus zu spielen, denn das ganze ist in einer Art Turniermodus aufgebaut. Wer es mit seinem Team in die Halle der Helden schafft und den Altar erobert verteidigt diesen so lange bis er verliert. Nach jedem Sieg gibt es neben den genannten Ruhmespunkten dann eine Truhe die seltene Skins beinhalten kann.
Wenn man es mal auf die Basis herunter bricht ist das auch Grinden. Ihr kämpft euch immer wieder durch die selben Karten um im Rang aufzusteigen und seltene Items zu bekommen. Der Unterschied ist, dass die einzelnen Kämpfe sehr dynamisch sind. Es sind schließlich auf beiden Seiten menschliche Spieler involviert. Trotzdem wiederholen sich die Aufstellungen und Strategien der Teams immer wieder.
Mich würde interessieren stimmt ihr hier zu? Ist das für euch auch Grinden? Oder wo zieht ihr die Grenze?
Der Vergleich zur echten Welt
Auch außerhalb von Videospielen Grinden wir ganz gerne mal. Wer immer die gleiche Strecke beim Joggen läuft ergrindet sich auch irgendwie Ausdauer. Dort käme aber niemand auf die Idee zu sagen das sei Blödsinn. Es wird wie so oft mit zweierlei Maß zwischen virtueller und echter Welt gemessen.
Wenn ich ein größeres Lego Set zusammen baue ist der Entspannungseffekt sehr ähnlich dem was ich in Minecraft empfinde. Bei einem Puzzle unterhalte ich mich auch lange und ausgiebig mit Truudy während wir stundenlang Teile suchen. Sicher werden einige von euch das auch langweilig finden, aber unterschiedliche Interessen rechtfertigen ja nun Mal nicht eine pauschale Verteufelung eines Prinzips.
Wie ihr seht muss Grind nicht immer schlecht sein, er hat auch seine guten Seiten. Die wird trotzdem nicht jeder mögen und das ist auch gut so. Es gibt darüber hinaus auch die wahren Grindhöllen die euch zwingen wollen stundenlang sinnlos Zeit zu verschwenden und euch gar nicht groß dafür belohnen oder direkt nach erreichen eines Meilensteins einen noch größeren Berg Arbeit vor euch aufbauen. Von denen halte ich mich aber auch fern. Seid ihr auch jemand der gern mal eine Runde grindet?
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